An keinem der Fahrer gingen die Ereignisse spurlos vorbei

Ich weiss nicht, was ich vom letzten Rennwochenende auf dem A1-Ring halten soll. Einerseits bin ich betroffen, denn solche Unfälle gab es noch nie. Bisher blieben die Piloten auch bei heftigsten Abflügen unversehrt. Andererseits bin ich enttäuscht, weil ich super motiviert war und mich mit dem Resultat auf dem A1-Ring wieder in den Top Ten melden wollte.

Voller Elan nahm ich die 750 km lange Reise nach Zeltweg in der Nähe von Graz unter die Räder. So wie die meisten anderen Cliopiloten kannte ich die Strecke nicht. Deshalb war das freie Training am Freitag morgen für uns alle von grosser Bedeutung. Leider entstanden in diesem Training aber vor allem Negativ-Schlagzeilen. Drei Autos krachten Ende der Startgeraden mit hoher Geschwindigkeit in die Reifenstapel. Nebst den schrottreifen Autos machten uns die teils verletzten Fahrerkollegen Sorge. Aus dem RS-Line Team erwischte es Marc Basseng, den Meisterschaftsführenden. Dank seiner Fahrzeugbeherrschung konnte er den Wagen in einen Dreher zwingen, um etwas Geschwindigkeit abzubauen. Das Wrack sah jedoch fürchterlich aus. Fürs Quali war also Vorsicht geboten. Nach vielen Diskussionen mit den Mechanikern glaubten wir, dass durch das Befahren der holprigen Curbs Eingang der Startgeraden die Kolben der Bremsanlage nach Aussen gedrückt wurden. Dies offenbar so stark, dass wir auf der Geraden teilweise mehrmals mit dem linken Fuss das Bremspedal drücken mussten, bis überhaupt wieder Bremsdruck vorhanden war. Wer damit zu spät begann, hatte beim Bremspunkt 100 Meter vor der Kurve bei 190 km/h keine Chance mehr, das Fahrzeug zu verzögern.

Über mein Quali war ich gar nicht zufrieden. Ich konnte mich zwar wie gewünscht steigern, doch in meiner einzigen wirklich schnellen Runde misslang mir die letzte Kurvenkombination. Das Resultat war ein neunter Startplatz anstatt des möglichen Vierten. Diese Klassierung wollte ich am Samstag natürlich ändern, was mir aber nicht gelang, zumal das Training ziemlich bald abgebrochen wurde, weil ein Fahrer seinen Clio heftigst ablegte. Zunächst sah die Situation um ihn schlimm aus. Gott sei Dank wurde uns Stunden später mitgeteilt, dass er ausser einer schweren Gehirnerschütterung keine weiteren Verletzungen habe. Der Unfall war wiederum auf ein Bremsproblem zurückzuführen. Die Bremsbeläge hielten der hohen Belastung nicht stand, scherten teilweise von den Halterungsplatten ab und brachten kaum noch Verzögerung.

Diese neue Erkenntnis sorge für Diskussionsstoff am Samstagabend im Renault Clio Fahrerlager. An keinem der Fahrer gingen die Ereignisse spurlos vorbei. Wir wurden von Renault zu einer Fahrerbesprechung auf Sonntagmorgen aufgeboten. Als wir uns dann eine Stunde vor dem Rennen dort einfanden, erfuhren wir die Botschaft, die unsere sportlichen, geistigen, emotionalen, finanziellen und zeitlichen Anstrengungen zunichte machte. Das Rennen der Clio RS wurde abgesagt und ersatzlos gestrichen, was zwar einerseits Enttäuschung auslöste, andererseits aber in dieser Situation klar die richtige Entscheidung war.







Jegasoft Media